Wechselwirkungen von Cannabis (THC) mit Medikamenten
Jeder, der Cannabis konsumiert, sollte wissen, dass zwischen bestimmten Wirkstoffen und Tetrahydrocannabinol (THC) Wechselwirkungen auftreten können, die im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohliche Folgen haben können. Informiere Dich deshalb im folgenden Artikel über mögliche Interaktionen und suche den Rat eines Arztes, wenn Du regelmäßig Medikamente einnimmst.
THC und Medikamenten-Wechselwirkungen
Wenn zwei oder mehr Wirkstoffe zusammen eingenommen werden und sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen, sprechen Mediziner von einer Wechselwirkung. Die Wirkung eines Medikamentes kann hierdurch verstärkt, abgeschwächt und sogar unvorhersehbar sein. Dementsprechend können Wechselwirkungen eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit darstellen.
THC stellt hier keine Ausnahme dar, wenn es um Wechselwirkungen mit Medikamenten und anderen Substanzen geht, auch wenn das Cannabinoid eine natürliche Substanz ist. Denn wie viele andere Arzneistoffe, wird auch THC durch die sogenannten Cytochrom P450-abhängigen Enzyme (CYP-Enzyme) in der Leber abgebaut, sodass Interaktionen bei gleichzeitiger Einnahme mit bestimmten Medikamenten möglich sind.
THC reduziert Wirkung von Medikamenten
Bekannt ist, dass THC sowie verschiedene Arzneimittel über das Enzym CYP1A2 verstoffwechselt wird, sodass sich die Plasmakonzentration folgender Wirkstoffe verringern kann[1;2]:
- Neuroleptika (z. B. Chlorpromazine, Olanzapin, Haloperidol)
- Muskelrelaxanz (z. B. Cyclobenzaprin)
- Nicht-Steroidale Antirheumatika (NSAR) wie z. B. Naproxen
Das könnte zur Folge haben, dass die Arzneistoffe weniger gut wirken, was insbesondere für Menschen, die regelmäßig Neuroleptika aufgrund psychischer Erkrankungen einnehmen müssen, fatale Folgen haben kann.
THC und Blutgerinnungshemmer
Blutgerinnungshemmer (Antikoagulantien) sind Medikamente, die die Blutgerinnung verlangsamen, um die Bildung von Blutgerinnseln (Thrombosen) zu verhindern oder bereits bestehende Gerinnsel zu behandeln. Zum Einsatz kommen diese Arzneimittel vor allem bei Herzerkrankungen.
Es wird angenommen, dass der Blutgerinnungshemmer Warfarin mit THC wechselwirkt. Denn der Arzneistoff wird über das Enzym CYP2C9 verstoffwechselt, das von THC gehemmt wird. Infolgedessen kann sich der Abbau von Warfarin verlangsamen und steigt im Blutspiegel an, sodass lebensbedrohliche Blutungen auftreten können.[3]
Wissenswert: Nicht nur THC wechselwirkt mit Blutgerinnungshemmern wie Warfarin, sondern auch das nicht berauschend wirkende Cannabinoid Cannabidiol (CBD). Dementsprechend sollte auf CBD-reiche Blüten oder CBD-Produkte aus Vorsicht verzichtet werden.
THC und Antidepressiva
Studien haben gezeigt, dass THC die Konzentration des Glückshormons Serotonin beeinflusst. Da einige Antidepressiva wie die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) nicht nur den Serotoninhaushalt beeinflussen, sondern auch genau wie THC über CYP-Enzyme verstoffwechselt werden, besteht das Risiko für Wechselwirkungen.[4] Aufgrund der unvorhersehbaren Wechselwirkungen sollte deshalb vor der gleichzeitigen Anwendung von Antidepressiva und Cannabis ein Arzt um Rat gefragt werden.
THC und herzkreislaufwirksame Medikamente
THC hat verschiedene Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System. Innerhalb weniger Minuten nach dem Konsum kommt es zu einem Anstieg der Herzfrequenz (Tachykardie) und bei einigen sinkt der Blutdruck im Anschluss rapide ab. Hinzu kommt, dass THC gefäßerweiternde Effekte entfaltet. Allein diese Wirkweise kann für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen problematisch sein.
Werden dann auch noch regelmäßig herzkreislaufwirksame Arzneimittel (Antihypertensiva) eingenommen, kann es zu gefährlichen Wechselwirkungen kommen. Generell wird vom Cannabiskonsum abgeraten. So wurde beispielsweise in einer Beobachtungsstudie an 33.000 Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen festgestellt, dass 1,3 Prozent der Cannabiskonsumenten, jedoch nur 0,8 Prozent der Nichtkonsumenten einen Herzinfarkt erlitten.[5]
THC und Beruhigungsmittel
Vorsicht ist auch bei Beruhigungs- und Schlafmitteln geboten. Alle diese Substanzen wirken dämpfend auf das zentrale Nervensystem, sodass es zu einer übermäßigen Sedierung kommen kann. Die Folge sind erhöhte Schläfrigkeit, Lethargie, Bewegungsstörungen bis hin zum Gefühl des Kontrollverlustes. Zu beachten ist außerdem, dass THC bei einigen Menschen Angst, Paranoia oder psychotische Symptome hervorrufen kann.
Beruhigungsmittel, die häufig zur Behandlung von Angstzuständen verschrieben werden, könnten diese Effekte auf komplexe und unvorhersehbare Weise verstärken oder verändern, was zu unerwünschten psychischen Reaktionen führen kann. Darüber hinaus können einige Beruhigungsmittel, insbesondere Benzodiazepine oder Barbiturate, die Atemfunktion verlangsamen. THC kann diesen Effekt potenziell verstärken, was im Extremfall zu einer gefährlichen Atemdepression führen kann, besonders bei hohen Dosen.
THC und Alkohol
Wechselwirkungen können nicht nur auftreten, wenn mehrere Medikamente kombiniert werden. Auch die Interaktion zwischen verschiedenen Substanzen kann negative Auswirkungen haben. Das gilt für Cannabis und Alkohol. Denn Alkohol lässt den THC-Blutspiegel ansteigen, sodass es zu stärkeren Beeinträchtigungen kommt, als wenn nur eine Substanz allein konsumiert wird. Deshalb wird vom Mischkonsum grundsätzlich abgeraten.[6]
THC und Opioide
Wechselwirkungen müssen nicht zwangsläufig negative Auswirkungen haben. Ein positiver Nutzen zeigt sich bei THC und Opioiden. Hierbei handelt es sich um starke Schmerzmittel, die die Übertragung von Schmerzsignalen im Gehirn, Rückenmark und im Nervensystem hemmen. Gleichzeitig entfalten sie auch eine beruhigende Wirkung, die zu einem Gefühl von Euphorie führen kann. Dabei können sie eine Reihe von Nebenwirkungen verursachen:
- Verstopfung (Obstipation)
- Übelkeit und Erbrechen
- Schläfrigkeit und Benommenheit
- Verwirrtheit und Halluzinationen
- Schwindel
- Juckreiz
- Stimmungsveränderung
THC kann die Effekte der Opioide verstärken. Hierdurch kann die Dosis der Opioide reduziert werden, sodass auch die Nebenwirkungen weniger stark ausfallen.[7]
Fazit
Tetrahydrocannabinol (THC) kann mit verschiedenen Medikamenten und Substanzen Wechselwirkungen eingehen. THC kann die Wirkung anderer Medikamente verstärken oder abschwächen, indem es deren Abbau im Körper beeinflusst. Besonders problematisch sind Wechselwirkungen von Cannabis (THC) mit blutverdünnenden Medikamenten, da THC deren Konzentration im Blut erhöhen kann, was das Risiko von Blutungen erhöht.
Auch die gleichzeitige Einnahme von THC mit Beruhigungsmitteln, Antidepressiva oder Schmerzmitteln kann zu Wechselwirkungen führen. Außerdem kann THC den Blutdruck und die Herzfrequenz beeinflussen, was bei Menschen, die Medikamente gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen einnehmen, zu Komplikationen führen kann. Wenn Du regelmäßig Medikamente einnimmst und Cannabis konsumierst, ist es ratsam, mit Deinem Arzt über potenzielle Wechselwirkungen zu sprechen.
Quellen und Studien
[1] Department of health (DOH) Columbia. [Quelle]
[2] Zendulka O, Dovrtělová G, Nosková K et. al, Cannabinoids and Cytochrome P450 Interactions. Curr Drug Metab. 2016;17(3):206-26. doi: 10.2174, Download vom 26.09.2024 von [Quelle]
[3] Smythe MA, Wu W, Garwood CL. Anticoagulant drug-drug interactions with cannabinoids: A systematic review. Pharmacotherapy. 2023 Dec;43(12):1327-1338, Download vom 26.09.2024 von [Quelle]
[4] Cohen K, Weizman A, Weinstein A. Modulatory effects of cannabinoids on brain neurotransmission. Eur J Neurosci. 2019 Aug;50(3):2322-2345, Download vom 26.09.2024 von [Quelle]
[5] Ladha KS, Mistry N, Wijeysundera DN, Clarke H, Verma S, Hare GMT, Mazer CD. Recent cannabis use and myocardial infarction in young adults: a cross-sectional study. CMAJ. 2021 Sep 7;193(35):E1377-E1384, Download vom 26.09.2024 von [Quelle]
[6] Yurasek AM, Aston ER, Metrik J. Co-use of Alcohol and Cannabis: A Review. Curr Addict Rep. 2017 Jun;4(2):184-193, Download vom 26.09.2024 von [Quelle]
[7] El-Mourad J, Lunghi C, Herrera NP et al., Dosing of Cannabinoids Associated with an Opioid-Sparing Effect: A Systematic Review of Longitudinal Studies. Pain Manag Nurs. 2024 Feb;25(1):e8-e20, Download vom 26.09.2024 von [Quelle]